Volksfürsorge bAV:
Initiative KeineSorge.ORG

Volksfürsorge Altersversorgung

Die Ausgangslage

Die betriebliche Altersversorgung stellt eine wesentliche Säule der Alterssicherung dar. Ehemalige Mitarbeiter der Versicherung Volksfürsorge, deren Pensionsverpflichtungen der Generali Konzern übernommen hatte, sahen sich jedoch um vereinbarte Rentenerhöhungen geprellt. Im Jahr 2015 und 2016 hatte die Generali die Betriebsrenten nicht in der erwarteten Höhe angepasst. Während die gesetzliche Rentenversicherung im Jahr 2015 um 2,1 Prozent und 2016 um 4,25 Prozent erhöht wurde, zahlte die Generali in beiden Jahren lediglich 0,5 Prozent. Dies führte zu monatlichen Einbußen von rund 163 Euro für Betroffene wie Reiner H., was sich auf über 5.300 Euro summierte. Über 2.000 ehemalige Angestellte klagten in der Folge auf Nachzahlung.

Volksfürsorge Altersversorgung

Generali's Vorgehensweise

Die Generali berief sich auf eine Klausel in den Bestimmungen, die dem Vorstand eine abweichende Entscheidung erlauben sollte, typischerweise für den Fall einer wirtschaftlichen Notlage des Unternehmens gedacht. Interne Papiere einer Aufsichtsratssitzung der Generali Deutschland aus dem Jahr 2015 belegten jedoch, dass die teilweise Aussetzung der vertraglichen Rentenanpassung "aus Berechnung" erfolgte, um einen einmaligen Einspareffekt von 17,9 Millionen Euro zu erzielen. Dies geschah, obwohl der Generali Konzern im Jahr 2015 mit einem Rekordgewinn von zwei Milliarden Euro blendend dastand und Aktionären die höchste Dividendenrendite der vergangenen zehn Jahre bot. Die Generali sah sich dabei nicht an einen Vertragsbruch gebunden, da eine gute Gewinnsituation aus ihrer Sicht dem "Erfordernis der Einleitung des Transformationsprozesses" nicht widersprach.

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Die Initiative KeineSorge.ORG

Angesichts dieser Umstände wurde die Initiative KeineSorge.ORG ins Leben gerufen, um die Interessen der Betriebsrentner der ehemaligen Volksfürsorge zu vertreten. Unter der Führung von Klaus-Peter Kussmann gelang es, über 5.000 Betroffene zu vereinen und zu mobilisieren. Die Initiative bot eine umfassende Informationsplattform, klärte über Rechte auf und ermöglichte individuelle Prüfungen der Rentensituation. Regelmäßige Treffen stärkten den Zusammenhalt und die Mobilisierung der Mitglieder erheblich.

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Juristische Auseinandersetzung

Der Kampf um die Rentenanpassungen war ein jahrelanger Gang durch die Instanzen. Rechtsanwalt Christoph Welscher von der Arbeitsrechtskanzlei Cremon spielte eine Schlüsselrolle, indem er mehr als 1.000 ehemalige Mitarbeiter der Volksfürsorge vertrat. Seine engagierte Arbeit führte zu ersten rechtskräftigen Urteilen. Zehn Fälle wurden vom Bundesarbeitsgericht (BAG) rechtskräftig entschieden, wobei die betroffenen Rentner ab Januar 2019 ihr Geld erhielten. Dies bildete die Grundlage für die späteren wegweisenden BAG-Entscheidungen.

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Wegweisende BAG-Urteile 2018

Ein Meilenstein waren die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 2018. Insbesondere die Verfahren BAG 3 AZR 333/17 (BVW) und BAG 3 AZR 402/17 (VO 85) waren von zentraler Bedeutung: * Im Verfahren BAG 3 AZR 333/17 (BVW) stellte das Gericht klar, dass die Generali bei der bAV nur eine gleichmäßige Gesamtanpassung vornehmen darf, nicht aber eine isolierte Erhöhung einzelner Bestandteile. * Noch bedeutsamer war das Urteil im Verfahren BAG 3 AZR 402/17 (VO 85). Hierin definierte das Gericht, dass eine Abweichung von der automatischen Rentenanpassung nur unter sehr strengen Voraussetzungen zulässig ist. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung, die Beachtung der Verhältnismäßigkeit und die Einhaltung des billigen Ermessens nach § 315 BGB. Eine bloße Wirtschaftsnotlage des Unternehmens allein reicht hierfür nicht aus. Diese Urteile stärkten die Rechtsposition der Betriebsrentner erheblich. Weitere BAG-Entscheidungen (u.a. 3 AZR 127/18, 3 AZR 222/18 und 3 AZR 23/18) trugen zur Festigung rechtlicher Standards bei, indem sie die Notwendigkeit klarer Formulierungen in Aufhebungsvereinbarungen unterstrichen, das Vertrauen der Betriebsrentner schützten und das Bestimmtheitsgebot bestätigten.

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Erfolg und nachhaltige Wirkung

Die Initiative KeineSorge.ORG hat maßgeblich dazu beigetragen, die Situation der Betriebsrentner grundlegend zu verbessern. Im rechtlichen Sinne wurden ihre Ansprüche absolut gestärkt und stehen nun auf einer sichereren Grundlage. Durch die kollektive Mobilisierung und juristische Unterstützung konnten nicht nur einzelne, sondern Tausende von Ansprüchen erfolgreich durchgesetzt werden. Dieser Erfolg verdeutlicht die Macht der Gemeinschaft und spezialisierter juristischer Hilfe im Kampf um Gerechtigkeit.

Trotz der Erfolge müssen in Deutschland Betroffene ihr Recht grundsätzlich selbst einklagen. Die Generali weigerte sich, die Gerichtsentscheidungen als Grundsatzurteil anzuerkennen und auf vergleichbare Fälle zu übertragen. Dies ist ein systematisches Problem, da Unternehmen wie Thyssenkrupp, Vattenfall und IBM ebenfalls rechtswidrig Betriebsrenten nicht angepasst und sich verklagen ließen, da es keine Strafen, sondern nur verlorene Prozesse gibt. Das Betriebsrentengesetz räumt dem Vorstand Ermessen ein, wenn die wirtschaftliche Lage schlecht ist, was zur Versuchung führt, sich nicht an Vorschriften zu halten. Das Bundesarbeitsministerium hat bislang keine Absicht bekundet, dieses System zu ändern, obwohl Massenverfahren eine mögliche Erleichterung darstellen könnten. Für Betroffene, die noch nicht geklagt haben, droht zudem Ende des Jahres die Verjährung.

Die Initiative KeineSorge.ORG zeigt jedoch weiterhin nachhaltige Präsenz und fortlaufenden Support. Regelmäßige Stammtische und Treffen bieten eine Plattform für Austausch und Unterstützung, und es wird weiterhin rechtliche Begleitung angeboten. Dies gewährleistet, dass die gewonnenen Rechte nicht nur einmalig durchgesetzt, sondern auch in Zukunft gewahrt und verteidigt werden können.

Volksfürsorge Altersversorgung

Fazit

Die Initiative KeineSorge.ORG hat einen entscheidenden Sieg für die Betriebsrentner der ehemaligen Volksfürsorge errungen. Durch die kollektive Mobilisierung von über 5.000 Betroffenen und die exzellente juristische Begleitung durch Rechtsanwalt Welscher wurden wegweisende Urteile des Bundesarbeitsgerichts erwirkt. Diese Urteile haben präzise Leitlinien für generelle Rentenanpassungen etabliert und die Rechtsposition der Betriebsrentner nachhaltig gestärkt, indem sie die Grenzen des unternehmerischen Ermessens bei der Rentenanpassung klar definierten. Trotz der Notwendigkeit individueller Klagen in vielen Fällen unterstreicht dieser Erfolg die Wirksamkeit eines organisierten Widerstands gegen unrechtmäßige Praktiken von Großkonzernen.