Ihre Betriebsrente von der Volksfürsorge hat eine besondere Geschichte, die tief in der deutschen Arbeiterbewegung verwurzelt ist. Anders als viele andere Versicherungen war die Volksfürsorge kein reines Wirtschaftsunternehmen, sondern von Beginn an ein Projekt der Selbsthilfe und Solidarität – getragen von den Gewerkschaften und der Konsumgenossenschaftsbewegung. Das Verständnis dieser historischen Rolle ist der Schlüssel, um den Wert und die soziale Verpflichtung Ihrer Versorgungsansprüche heute zu würdigen.
Die Gründung der Volksfürsorge im Jahr 1912/13 war das Ergebnis langer gewerkschaftlicher Diskussionen über die soziale Absicherung der Arbeiter. Führende Gewerkschafter und SPD-Politiker wie Adolph von Elm, Carl Legien und Theodor Leipart waren die treibenden Kräfte. Sie sahen die Notwendigkeit, eine eigene „Rote Volksversicherung“ zu schaffen, die den Arbeitern Schutz vor den Wechselfällen des Lebens bot – weit über die damals noch lückenhafte staatliche Sozialversicherung hinaus.
Die Idee basierte auf dem Prinzip der Gemeinwirtschaft: Unternehmen, die nicht primär der Gewinnmaximierung, sondern dem Wohl einer Gemeinschaft dienen. Die Volksfürsorge war somit ein Kernstück der gewerkschaftlichen Unternehmensbeteiligungen, die später in der Holdinggesellschaft BGAG (Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften GmbH) gebündelt wurden.
Nach der Zerschlagung im Nationalsozialismus und der Enteignung durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF) wurde die Volksfürsorge nach 1945 mit maßgeblicher Unterstützung der neu gegründeten Gewerkschaften wiederaufgebaut. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Einzelgewerkschaften, allen voran die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), waren die tragenden Säulen des Wiederaufbaus.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Volksfürsorge zur größten gewerkschaftlichen Versicherung in Deutschland. Diese enge Verbindung zeigte sich auch in der Tarifpolitik: Tarifverträge über die betriebliche Altersversorgung, wie die Versorgungsordnung von 1985 (VO85), wurden direkt zwischen der „Tarifgemeinschaft der Gesellschaften Volksfürsorge Unternehmensgruppe“ und der Gewerkschaft HBV ausgehandelt. Ihre Versorgungsansprüche basieren also auf direkten Vereinbarungen zwischen Ihrem ehemaligen Arbeitgeber und Ihrer Gewerkschaft.
Der Einfluss der Gewerkschaften war auch in den betrieblichen Versorgungseinrichtungen fest verankert. In der Satzung der Versorgungskasse der Volksfürsorge VVaG war beispielsweise geregelt, dass der Gesamtbetriebsrat die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats wählt oder delegiert. Auch im wichtigen Rentenausschuss, der bei Streitfällen über die Auslegung der Versorgungsordnung entschied, saßen zu gleichen Teilen Vertreter der Geschäftsleitung und des Gesamtbetriebsrats. Dies stellte sicher, dass die Interessen der Mitarbeiter und Rentner bei wichtigen Entscheidungen stets vertreten waren.
In den 1980er Jahren geriet die gewerkschaftliche Gemeinwirtschaft in eine schwere Krise. Nach Skandalen um die Wohnungsbaugesellschaft Neue Heimat und finanzielle Schwierigkeiten bei der Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) begann der DGB, sich aus seinen Unternehmensbeteiligungen zurückzuziehen. Dies führte 1988 zur Mehrheitsübernahme der Volksfürsorge durch die Aachener und Münchener Beteiligungsgesellschaft (AMB), dem Vorläufer der heutigen Generali Deutschland AG.
Mit der schrittweisen Integration in den Generali-Konzern endete die Ära der Volksfürsorge als Gewerkschaftsunternehmen. Viele der alten, auf Solidarität und Vertrauen basierenden Versorgungszusagen wurden jedoch übernommen und sind bis heute die Grundlage Ihrer Ansprüche.
Die Geschichte der Volksfürsorge zeigt: Ihre Betriebsrente ist kein Geschenk, sondern das Ergebnis des jahrzehntelangen Engagements der Gewerkschaften für soziale Sicherheit. Auch wenn sich die Eigentümer geändert haben, bleiben die ursprünglichen Zusagen gültig.
Wenn Sie Fragen zu Ihren Ansprüchen haben oder vermuten, dass Ihre Rente nicht korrekt angepasst wird, ist es wichtig, sich professionell beraten zu lassen. Spezialisierte Fachanwaltskanzleien wie die ARBEITSRECHTSKANZLEI CREMON beraten und vertreten bundesweit Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften. Mit mehrfachen Auszeichnungen, unter anderem durch JUVE und den Stern, stehen wir Ihnen mit unserer Expertise zur Seite, um Ihre historisch gewachsenen Rechte zu wahren und durchzusetzen.

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