Ihre betriebliche Altersversorgung ist ein hart erarbeiteter Anspruch und ein zentraler Baustein für Ihre finanzielle Sicherheit. Doch was passiert, wenn die Spielregeln nachträglich geändert werden? Genau diese Frage führte zu einer Reihe von richtungsweisenden Gerichtsverfahren, in denen Betriebsrentner der ehemaligen Volksfürsorge gegen deren Rechtsnachfolgerin, die Generali, vor das höchste deutsche Arbeitsgericht zogen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) fällte zwischen 2018 und 2019 mehrere Urteile, die Ihre Rechte als Betriebsrentner nachhaltig gestärkt haben. Wir erklären Ihnen, worum es ging und was die Richter entschieden haben.
Im Zentrum der Auseinandersetzung stand die Entscheidung der Generali, die Rentenanpassungen für die Jahre 2015 und 2016 deutlich niedriger anzusetzen als in den Versorgungsordnungen vorgesehen. Während die gesetzlichen Renten in diesen Jahren stark stiegen (2015 um 2,09717 % und 2016 um 4,2451 %), erhöhte der Konzern viele Betriebsrenten pauschal nur um 0,5 %. Dies führte bei vielen Rentnern zu spürbaren finanziellen Einbußen.
Die Grundlage Ihrer Betriebsrente bilden historische Regelwerke wie das Betriebliche Versorgungswerk (BVW) von 1961 oder der Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung (TV VO) von 1985. Beide Systeme sahen grundsätzlich vor, dass die Betriebsrenten entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Renten angepasst werden (§ 6 Ziff. 1 AB BVW; § 6 Ziff. 1 TV VO).
Die Generali berief sich jedoch auf eine Ausnahmeklausel (§ 6 Ziff. 3 AB BVW; § 6 Ziff. 4 TV VO). Diese erlaubte dem Vorstand, von der vollen Anpassung abzuweichen, wenn diese "nicht vertretbar" sei. Angesichts der guten Gewinnsituation des Konzerns hielten viele Rentner diese Begründung für nicht stichhaltig und zogen vor Gericht.
Das Bundesarbeitsgericht fällte in mehreren Verfahren (u. a. Az. 3 AZR 468/17, 3 AZR 333/17, 3 AZR 23/18, 3 AZR 402/17, 3 AZR 127/18) grundlegende Entscheidungen zugunsten der Rentner. Die Kernbotschaft der Richter war klar:
Die pauschale 0,5 %-Anpassung war unwirksam: Die von der Generali vorgenommene Erhöhung hatte keine rechtliche Grundlage. Die Ausnahmeklausel erlaubt keine beliebige Festsetzung, sondern nur eine prozentual gleichmäßige Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge. Eine isolierte Anhebung nur eines Rentenbestandteils, wie der Pensionsergänzung, war unzulässig.
Die Regelanpassung gilt: Da die Entscheidung der Generali unwirksam war, greift wieder die ursprüngliche Regelung. Die Renten mussten also entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden.
Auch Aufhebungsverträge sind betroffen: Selbst wenn Ihre Rente durch eine individuelle Aufhebungsvereinbarung festgelegt wurde, die auf die "betrieblichen Bestimmungen" zur Anpassung verweist, gilt dieser Grundsatz. Das BAG entschied, dass sich die Anpassung Ihrer festen Rente an der Anpassung der Gesamtversorgung der anderen Rentner orientieren muss.
In einem weiteren Urteil (Az. 3 AZR 402/17) präzisierte das BAG den Begriff "nicht vertretbar". Es bedeutet nicht, dass das Unternehmen kurz vor der Insolvenz stehen muss. Vielmehr können auch unternehmerische Konzepte zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eine geringere Anpassung rechtfertigen. Die Entscheidung muss aber immer nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) erfolgen und die Interessen der Rentner angemessen berücksichtigen.
Die alten Versorgungsverpflichtungen der Volksfürsorge werden heute von der PLE Pensions GmbH verwaltet, einer Gesellschaft der Viridium Gruppe. Auch wenn sich die zuständigen Unternehmen geändert haben, bleiben die Urteile des Bundesarbeitsgerichts die entscheidende Grundlage für Ihre Ansprüche
Die BAG-Urteile haben die Rechtsposition vieler Betriebsrentner der ehemaligen Volksfürsorge entscheidend gestärkt. Sie zeigen, dass die Zusagen in den alten Versorgungsordnungen nicht ohne Weiteres ausgehebelt werden können. Prüfen Sie Ihre Rentenbescheide und informieren Sie sich über Ihre Ansprüche. Bei Unklarheiten kann eine fachkundige Beratung, beispielsweise durch spezialisierte Anwälte, sinnvoll sein, um Ihre Rechte zu wahren.

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