Wenn Sie heute Ihre Betriebsrente von der Volksfürsorge, später Generali und nun Proxalto/PLE, erhalten, blicken Sie auf ein langes Erbe sozialer Absicherung zurück. Doch was genau steckt hinter Begriffen wie "Versorgungskasse", "BVW" oder "VO85"? Diese Regelwerke sind das Fundament Ihrer Ansprüche. Begleiten Sie uns auf eine kleine Zeitreise, um die Strukturen zu verstehen, die Ihre Altersvorsorge bis heute prägen.
Die Volksfürsorge wurde 1912/1913 in Hamburg von führenden Gewerkschaftern und SPD-Politikern wie Adolph von Elm, Carl Legien und Theodor Leipart ins Leben gerufen. Ihre Vision war es, eine Versicherung für die breite Bevölkerung zu schaffen – eine soziale Absicherung, die aus der Arbeiterbewegung heraus entstand. Dieser gemeinwirtschaftliche Gedanke war die DNA des Unternehmens und spiegelte sich auch in den Versorgungssystemen für die eigenen Mitarbeiter wider.
Ein zentraler Baustein Ihrer bAV war die Versorgungskasse der Volksfürsorge VVaG, die 1952 gegründet wurde. Als "Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit" (VVaG) gehörte sie quasi ihren Mitgliedern und arbeitete ohne Gewinninteresse. Sie gewährte Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrenten.
Die Mitgliedschaft stand Mitarbeitern offen, die bis zum 31. März 1985 in die Volksfürsorge eintraten. Danach wurde die Kasse für Neuzugänge geschlossen. Finanziert wurde sie gemeinsam: Die Mitglieder zahlten ein Fünftel und der Arbeitgeber vier Fünftel der Beiträge. Alle Regelungen waren in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und der Satzung der Kasse detailliert festgelegt.
Parallel dazu wurde das Betriebliche Versorgungswerk (BVW) eingeführt, das am 1. Januar 1961 in Kraft trat. Der Kern des BVW war die sogenannte Gesamtversorgung. Das bedeutet, das Unternehmen versprach kein festes Rentenplus, sondern ein bestimmtes Gesamt-Versorgungsniveau im Alter.
Wenn die Leistungen aus der gesetzlichen Rente und der Versorgungskasse nicht ausreichten, um dieses Niveau zu erreichen, sprang der Pensionsergänzungsfonds (PEF) ein. Dieser wurde allein von der Volksfürsorge finanziert. Die Anpassung dieser Gesamtversorgung war in § 6 AB BVW geregelt und sollte sich grundsätzlich an der Entwicklung der gesetzlichen Renten orientieren. Genau diese Klausel war später der Auslöser für zahlreiche Gerichtsverfahren.
Für alle Mitarbeiter, die ab dem 1. April 1985 neu zur Volksfürsorge kamen, wurde der Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung (TV VO), oft auch VO85 genannt, eingeführt. Diese neue Ordnung löste das alte BVW-System für Neueintritte ab und passte die bAV an modernere Gegebenheiten an.
Auch die VO85 sah in ihrem § 6 eine Anpassung der Renten vor, die sich an der Entwicklung der gesetzlichen Renten orientieren sollte. Ebenso enthielt sie eine Ausnahmeklausel (§ 6 Ziff. 4 TV VO), die es dem Vorstand erlaubte, bei "nicht vertretbarer" wirtschaftlicher Lage eine geringere Anpassung zu beschließen. Auch diese Regelung führte zu den bekannten Rechtsstreitigkeiten vor dem Bundesarbeitsgericht.
Die Unternehmensgeschichte war von Wandel geprägt: 1988 übernahm die AMB (Aachener und Münchener) die Mehrheit, woraus später die Generali Deutschland AG entstand. Die Marke Volksfürsorge verschwand um 2009. Der Lebensversicherungsbestand, inklusive der alten bAV-Zusagen, wurde 2019 an die Viridium Gruppe verkauft und in die Proxalto Lebensversicherung AG überführt.
Die direkten Pensionsverpflichtungen aus den Versorgungswerken wurden schließlich mit Genehmigung der Finanzaufsicht BaFin am 29. April 2022 auf die PLE Pensions GmbH übertragen – eine spezielle Rentnergesellschaft, die ebenfalls zur Viridium Gruppe gehört.
Ihre Betriebsrente ist das Ergebnis einer langen Entwicklung und basiert auf einem dieser historischen Regelwerke. Es ist wichtig, die eigenen Unterlagen zu kennen, um Ansprüche zu verstehen und nachvollziehen zu können. Haben Sie Fragen zu Ihrer bAV oder sind Sie unsicher, welches Regelwerk für Sie gilt? Wenden Sie sich an die zuständige Personal- oder Verwaltungsstelle oder suchen Sie bei Bedarf unabhängigen fachlichen Rat.