Die Versorgungsordnung von 1985 (VO 85) der ehemaligen Volksfürsorge ist ein wichtiges Regelwerk der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Sie wurde als Tarifvertrag zwischen der Volksfürsorge Unternehmensgruppe und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen geschlossen. Dadurch begründete sie einen Rechtsanspruch auf Betriebsrente für die betroffenen Arbeitnehmer. Die Generali Deutschland AG übernahm als Rechtsnachfolgerin die Verantwortung für diese Leistungen.
Die VO 85 ist rechtlich als Tarifvertrag einzustufen. Im Unterschied zum Betrieblichen Versorgungswerk (BVW), das eine Betriebsvereinbarung war, handelte es sich bei der VO 85 um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft. Dies unterstreicht ihren bindenden Charakter. Sie galt für Arbeitnehmer der Volksfürsorge Unternehmensgruppe mit bestimmten Ausnahmen. Ein wesentlicher Unterschied zum BVW war, dass die VO 85 kein System der Gesamtversorgung vorsah. Sie sicherte den Betriebsrentnern eine Versorgungsleistung in einer bestimmten Höhe zum Rentenbeginn zu.
Grundsätzlich sah § 6 Abs. 1 VO 85 eine automatische Anpassung der Renten entsprechend der Entwicklung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Die Anpassung sollte zum gleichen Zeitpunkt wie die Anpassung der gesetzlichen Renten erfolgen.
§ 6 Abs. 4 TV VO enthielt jedoch eine Abweichungsklausel. Diese erlaubte es dem Vorstand nach Anhörung des Betriebsrats und des Aufsichtsrats, die automatische Anpassung außer Kraft zu setzen, wenn die Anpassung als "nicht vertretbar" angesehen wurde. Die Kriterien dafür waren im Tarifvertrag nicht explizit definiert.
Das BAG-Urteil vom 25. September 2018 (3 AZR 402/17) präzisierte die Auslegung von "nicht vertretbar" in § 6 Abs. 4 TV VO. "Vertretbar" bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch "als berechtigt ansehen lassend". "Nicht vertretbar" setzt keine zwingende wirtschaftliche Notlage des Unternehmens voraus. Die Entscheidung erfordert aber eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens sowie der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Zudem deutete das BAG an, dass eine abweichende Anpassung in der VO 85 nur in Form eines einheitlichen prozentualen Steigerungssatzes für alle Renten erfolgen darf.
Im Unterschied zum BVW sah die VO 85 kein System der Gesamtversorgung vor. Daher bezog sich die Auslegung der Abweichungsklausel primär auf die Anpassung der gesamten Versorgungsleistung.
Das BAG stellte fest, dass das Verfahren zur abweichenden Anpassung (Anhörung des Betriebsrats) vor dem Anpassungsstichtag eingeleitet sein muss. Die Entscheidung des Arbeitgebers muss zudem billigem Ermessen entsprechen (§ 315 Abs. 1 BGB).
Die VO 85 sicherte einen Rechtsanspruch auf bAV mit grundsätzlicher automatischer Anpassung. Die Abweichungsklausel erforderte eine umfassende Interessenabwägung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes, wie durch die BAG-Urteile präzisiert.