Fundstelle
openJur 2020, 76307
Verfahrensgang
Das Recht, die unzureichende Anpassung einer Betriebsrente geltend zu machen, verwirkt für die Anpassungsprüfung gemäß § 6 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes der Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherung AG (AB-BVW) nicht in entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze, die das Bundesarbeitsgericht (std. Rsp., vgl. BAG Urteil vom 14. Mai 2019 - 3AZR 112/18 - AP BetrAVG § 16 Nr. 125 Rn. 34 ff. m.w.Nachw.) für die Verwirkung des Rüge- und Klagerechtes bezüglich der Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG aufgestellt hat.
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 09.01.2020, Az. 1 Ca 1466/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Urteilsformel des Urteils des Arbeitsgerichts Siegen vom 09.01.2020, Az. 1 Ca 1466/18, wird dahingehend berichtigt, dass in Ziffer 5. der Betrag in Zeile zwei statt 309,96 € richtig 304,56 € lautet und der Betrag in Zeile drei statt 25,83 € richtig 25,38 € lautet.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um die Anpassung der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin zum 01.07. der Jahre 2015 bis einschließlich 2019 sowie daraus sich ergebende Nachzahlungsansprüche.
Die mit dem 01.10.2019 umfirmierte Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen H - Konzern eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der W Deutsche Lebensversicherung AG (im Folgenden: W). Muttergesellschaft der Beklagten ist die H Deutschland AG.
Die am 28.04.19XX geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.04.1968 bis zum 30.06.2005 - zuletzt am Standort T - bei der W Deutsche Lebensversicherung AG - einem Unternehmen der W - tätig. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der W Deutsche Lebensversicherung AG.
Die Klägerin erhält Rentenleistungen aus einer konzerneigenen Versorgungskasse, die sog. VK-Altersrente. Daneben war ihr eine Altersversorgungszusage als sog. Pensionsergänzung (im Folgenden: Vofue-Rente) auf Basis der "Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes" (im Folgenden BVW) erteilt worden. Die BVW setzen sich zusammen aus den "Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks", den "Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" (im Folgenden: AB - BVW) und den "Übergangsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks".
Die BVW lauten u.a.:
"Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes
§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds
Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlicher Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.
(...)
§ 2 Berechtigter Personenkreis
...
3. Auf die Leistungen des Pensionsergänzungsfonds besteht ein Rechtsanspruch, der nur durch die in den Ausführungsbestimmungen enthaltenen Widerrufsvorbehalte eingeschränkt ist.
Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes
...
§ 4 Höhe der Gesamtversorgungsbezüge
Die für die Bemessung der Pensionsergänzung maßgebenden Gesamtversorgungsbezüge werden wie folgt festgesetzt:
1. Gesamt-Ruhebezüge und Gesamt-Invaliditätsbezüge
Die für den Fall des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente der Versorgungskasse zu gewährenden monatlichen Gesamt-Ruhebezüge bzw. Gesamt-Invaliditätsbezüge betragen 40 % plus so viel Prozent, wie Dienstjahre bis zum Eintritt des Versorgungsfalles verflossen sind, höchstens jedoch 70 % des pensionsfähigen Arbeitsentgeltes nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen.
...
§ 5 Zusammensetzung der Versorgungsbezüge
Erreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig.
1. Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind:
1.1. Die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Renten individuell zu kürzen, so gilt die ungekürzte Rente als Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge (z.B. familienrechtlicher Versorgungsausgleich)
1.2. Die Renten aus der freiwilligen Höherversicherung bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit für sie ein freiwilliger Firmenzuschuss seitens der W geleistet wurde
(...)
1.6. Rentenleistungen der Versorgungskasse und die ihnen gleichgestellten sonstigen betrieblichen Versorgungsleistungen.
§ 6 Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse
1. Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. (Der § 49 AVG ist durch Artikel Ziffer 1 § § 65 und 68 SGB (VI) neu gefasst worden. Die Änderung ist am 01.01.92 in Kraft getreten).
2. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.
3. Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte / des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.
Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.
4. Eine Erhöhung der Pensionsergänzung kann im Einzelfall nicht durchgeführt werden, soweit und solange die nach § 5 der Ausführungsbestimmungen anzurechnenden Bezüge und die nach § 4 der Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge, erreichen oder überschreiten.
Betriebsangehörige, die eine Pensionsergänzung zu den Leistungen der Versorgungskasse zunächst nicht bekommen haben, weil ihre anzurechnenden Bezüge die vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge erreichen oder überschreiten, erhalten gegebenenfalls bei Veränderungen nach der Ziffer 1 oder 3 später eine Pensionsergänzung allein durch das in der Ziffer 1 oder 3 dargestellte Verfahren.
...
§ 12 Widerrufsvorbehalte
1. Der in § 2 Ziffer 3 der Grundbestimmung eingeräumte Rechtsanspruch wird insoweit eingeschränkt, als sich die W vorbehält, durch Beschlüsse im Vorstand und im Aufsichtsrat die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn
• die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann,
• der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Sozialversicherung oder anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch sich wesentlich ändern,
• die rechtliche, insbesondere die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen von der W gemacht worden sind, sich so wesentlich ändert, dass der W die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann."
Die Klägerin schied aufgrund eines Frühpensionierungsvertrages vom 19.11.2003 mit Wirkung zum 30.06.2005 aus dem Unternehmen aus. Danach bezog sie einen sog. Auffüllbetrag, bis am 01. 05.2010 der Rentenbezug in der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der betrieblichen Altersversorgung begann. Die Leistungen der betrieblichen Pensionsergänzung (Vofue-Rente) werden mit Beginn des jeweiligen Monats fällig. Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung enthält der Frühpensionierungsvertrag folgende Bestimmung:
"8.
"Die W Deutsche Lebensversicherung AG gewährt Frau M, unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der W VVaG, mit Beginn des Kalendermonats, von dem ab erstmals der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - ggf. auch mit Abschlägen - möglich ist, eine monatliche Rente von 359,18 EURO brutto. Die tariflichen Gehaltserhöhungen werden bis zum Ausscheiden nachträglich anteilig berücksichtigt. Diese Rente wird nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst."
Der in Nr. 8 des Frühpensionierungsvertrags genannte monatliche Rentenbetrag übersteigt denjenigen, welcher sich bei einer Berechnung streng anhand der Bestimmungen des BVW ergeben würde, um monatlich 270,95 €.
Ausweislich der Abrechnung für den Monat Dezember 2014 leistete die Beklagte an die Klägerin von Januar 2015 bis Juli 2015 monatlich die folgenden Zahlungen:
444,36 € Vofue-Rente
393,59 € VK-Altersrente (Rente der Versorgungskasse)
Die monatlichen Zahlungen im vorgenannten Zeitraum beliefen sich damit auf insgesamt 837,95 € monatlich.
Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde mit Wirkung ab dem 01.07.2015 um 2,0972 % erhöht.
Mit Schreiben vom 16.10.2015 teilte die Beklagte der Klägerin ua mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte beschlossen hätten, dass die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum 01.07.2015 für diesen Stichtag um 0,5 % erhöht würden und die gesetzliche Anpassungsprüfung für alle Versorgungszusagen zum 01.07.2015 und sodann alle drei Jahre jeweils zum 01.07. durchgeführt würde.
Die Beklagte teilte der Klägerin weiter mit, dass ihre Versorgungsleistung aus dem betrieblichen Versorgungswerk ab dem 01.07.2015 damit 446,58 € brutto betrage und die Rente von der Versorgungskasse in unveränderter Höhe weitergezahlt werde. Entsprechend erteilte die Beklagte eine Abrechnung für den Monat Dezember 2015 (Bl. 31 GA) über folgende Zahlungen:
446,58 € Vofue-Rente
393,59 € VK-Altersrente
Die monatlichen Zahlungen beliefen sich damit auf insgesamt 837,95 € monatlich.
Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde mit Wirkung ab dem 01.07.2016 um 4,2451 % erhöht.
Mit Schreiben aus August 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Leistungen der Versorgungskasse (VK-Altersrente) um 0,51 % auf 395,60 € monatlich steigen würden sowie darüber hinaus die Versorgungsleistungen (Vofue-Rente) zum 01.07.2016 um 0,5 % auf 448,81 € monatlich erhöht würden.
Seit dem 01.07.2016 erhielt die Klägerin von der Beklagten eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von insgesamt 844,41 €. Entsprechend erteilte die Beklagte eine Abrechnung für den Monat Februar 2017) über folgende Zahlungen:
448,81 € Altersrente
395,60 € PK-Altersrente
Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde mit Wirkung ab dem 01.07.2017 um 1,9048 % erhöht.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass eine Steigerung von 1,9 % stattfinde.
Seit dem 01.07.2017 zahlte die Beklagte an die Klägerin eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von monatlich insgesamt 853,36 €. Entsprechend erteilte die Beklagte eine Abrechnung für den Monat Februar 2018 über folgende Zahlungen:
457,36 € Altersrente
396,00 € PK-Altersrente
Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde mit Wirkung ab dem 01.07.2018 um 3,2227 % erhöht. Die Beklagte erhöhte die an die Klägerin zuvor gezahlte betriebliche Altersversorgung ab dem 01.07.2018 um 3,22269 % auf insgesamt 869,19 €. Entsprechend erteilte die Beklagte eine Abrechnung für den Monat Dezember 2018 über folgende Zahlungen:
472,10 € Altersrente
397,09 € PK-Altersrente
Die gesetzliche Altersrente erfuhr zum 01.07.2019 eine Steigerung um 3,1845 %
Seit dem 01.07.2019 erhielt die Klägerin eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von monatlich 884,66 € brutto, sich zusammensetzend aus der Altersrente in Höhe von 487,13 € brutto sowie der PK-Altersrente in Höhe von 397,53 € brutto.
Im Jahr 2015 wurde laut einem vorgelegten Protokollauszug einer Aufsichtsratssitzung im schriftlichen Verfahren von Vorstand und Aufsichtsrat der H Lebensversicherung AG folgender Beschluss gefasst:
"1. Der Aufsichtsrat der H Lebensversicherung AG beschließt gemeinsam mit dem Vorstand der H Lebensversicherung AG gemäß der beigefügten Anlage, die in § 6 Ziff. 3 der Ausführungsbestimmungen des BVWs bzw. § 6 Ziff. 4 der VO 85 normierte Ausnahmeregelung anzuwenden und die zum 01.07.2015 zu gewährende Rentenanpassung der Gesamtversorgungsbezüge bzw. der Renten in den genannten Versorgungswerken nicht, wie grundsätzlich vorgesehen, gemäß der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 2,1 %, sondern nur in Höhe von 0,5 % zu gewähren.
2. Eine Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge bzw. der Renten durch die GEL um mehr als 0,5% halten der Vorstand und der Aufsichtsrat gemäß der beigefügten Anlage gemeinsam für nicht vertretbar."
Der Beschluss wurde so umgesetzt, dass die Pensionsergänzung in den Fällen um 0,5% erhöht wurde, in denen die Erhöhung der Gesamtversorgung faktisch zu einer Aussetzung der Erhöhung der Pensionsergänzung geführt hätte.
Ein "Protokollauszug Sonderumlauf GEV/GEL vom 20.06.2016" lautet wie folgt:
"Betriebsrentenanpassung 2016 - BVW und VO 85
Die Vorstände und Aufsichtsräte der GD, der GEV, der GEL und der GBV halten die in § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen des BVW bzw. In § 6 Ziff. 1 VO 85 vorgesehene Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge bzw. der Renten für nicht vertretbar. Daher beschließen sie gemeinsam, diese Anpassung durch einen Beschluss gemäß § 6 Ziff. 3 der Ausführungsbestimmungen des BVW bzw. § 6 Ziff. 4 der VO 85 zu ersetzen.
Die Vorstände der GD, der GEV, der GEL und der GBV beschließen jeweils gemeinsam mit den Aufsichtsräten der GD, der GEV, der GEL und der GBV die Gesamtversorgungsbezüge bzw. die Renten um 0,5 Prozent zu erhöhen.
Weiter beschließen die Vorstände der GD, der GEV, der GEl und der GBV jeweils gemeinsam mit den Aufsichtsräten der GD, der GEV, der GEL und der GBV, die tatsächlich gezahlte Pensionsergänzung (BVW) um 0,5 Prozent zu erhöhen, sollte die Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge zu einem rechnerischen Absinken oder Stagnieren der Pensionsergänzung führen."
Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung wurden zum 01.07.2015 um 2,0972%, zum 01.07.2016 um 4,2451% zum 01.07.2017 um 1,9048% zum 01.07.2018 um 3,2227% erhöht. Eine diesen Erhöhungen entsprechende Anpassung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nahm die Beklagte nur in den Jahren 2017 und 2018 vor, ohne die in den Jahren 2015 und 2016 entstandenen Rückstände gegenüber einer den Steigerungen der gesetzlichen Altersrenten auszugleichen.
Mit der am 21.12.2019 bei dem Arbeitsgericht Siegen eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt die Differenzen zwischen den bereits gewährten Rentenanpassungen und den ihrer Ansicht nach gemäß § 6 Ziffer 1 der AB-BVW zu gewährenden Rentenanpassungen jeweils zum 01.07. der Jahre 2015 bis einschließlich 2019 begehrt.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte hätte zum 01.07.2015 die Gesamtversorgungsbezüge um 2,0972% sowie zum 01.07.2016 um 4,2451% anheben müssen. Auch die Anpassungen zum 01.07.2017 und zum 01.07.2018 seien zu niedrig ausgefallen, weil die Beklagte von zu niedrigen Ausgangswerten ausgegangen sei. Die Beklagte habe die Gesamtversorgung zum 01.07.2017 um 1,90 % erhöhen müssen.
Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erhöhung ihrer Gesamtversorgungsbezüge nach § 6 der Ausführungsbestimmungen zum betrieblichen Versorgungswerk. Die von der Beklagten vorgenommenen Anpassungen seien nicht ausreichend, zumal sie nicht einmal ihre eigene Ankündigung einer Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge umgesetzt habe.
Zunächst habe in Ziffer 8 der Vereinbarung vom 19.11.2003 nicht eine von den Bestimmungen des BVW abweichende Vereinbarung getroffen werden sollen, sondern es sollte Klarheit darüber geschaffen werden, in welcher Höhe ihr ein Anspruch aus den Bestimmungen des BVW zustehe (sog. Startwert). Dementsprechend habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch bislang immer die Gesamtversorgung angepasst. Auch die Auslegung von Ziffer 8 der Vereinbarung vom 19.11.2003 nach den Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen führe nicht zum Ergebnis, dass die Parteien einen vollständigen Systemwechsel wollten und dies aus dem Wortlaut erkennbar gewesen sei.
Die Regelung in § 6 Ziffer 3 der AB-BVW sei unwirksam, da sie gegen die Grundsätze zur Rechtsprechung zu Widerrufsvorbehalten verstoße und die Versorgungsempfänger unangemessen benachteilige. Sie sei auch nicht klar und verständlich.
Die Beklagte wende § 6 der Ausführungsbestimmungen fehlerhaft an. Es sei völlig unklar, ob die Beklagte tatsächlich den zuständigen Betriebsrat angehört und anschließend dem Aufsichtsrat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet und dieser dann einen entsprechenden Beschluss gefasst habe. Die Anhörungen der maßgeblichen Betriebsräte bestreite sie jedenfalls ebenso mit Nichtwissen wie eine Beschlussfassung vor dem jeweils 01.07.
§ 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen stelle auch einen unzulässigen Verzicht auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 I Nr. 10 BetrVG dar, da es sich um eine vertragliche Anpassung handele und die Beklagte den durch Absenkung frei werdenden Teil anderweitig verteilen könne. Hinsichtlich des "Wie" der Verteilung bestehe jedoch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 I Nr. 10 BetrVG.
Jedenfalls sei die rückwirkende Entscheidung der Beklagten zum Anpassungsstichtag des 01.07. unzulässig. Das gesamte Verfahren müsse denklogisch vor dem Anpassungsstichtag durchgeführt worden sein, da ansonsten die automatische Erhöhung nach § 6 Ziffer 1 eintrete und eben nicht mehr ersetzt werden könne.
Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anwendung von § 6 Ziffer 3 AusfBest BVW als absolutem Ausnahmefall hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Es habe weder eine wirtschaftliche Notlage vorgelegen noch hätten gravierende Veränderungen der wirtschaftlichen Unternehmensdaten eine Anpassung zwingend erforderlich gemacht.
Zudem bewege sich die Entscheidung der Beklagten nicht im Rahmen des billigen Ermessens nach § 315 BGB. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte auch ihre Interessen berücksichtigt habe. Zudem besteh ein krasses Missverhältnis zwischen der Erhöhung der gesetzlichen Renten und der von der Beklagten vorgenommenen Erhöhung.
Schließlich habe sie mindestens nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung einen Anspruch auf eine entsprechende Erhöhung ihrer Betriebsrente. Die Beklagte habe die Betriebsrente in den vergangenen Jahren immer entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Altersrente erhöht. Eine konkrete Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten sei den Versorgungsempfängern nie bekannt gemacht worden. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte mitgeteilt, dass sie sich eine zukünftige Anpassung aufgrund veränderter wirtschaftlicher Umstände vorbehalte.
Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte hätte ihre Gesamtversorgung
mit Wirkung zum 01.07.2015 um 2,0972 % von 837,95 € auf 855,52 €,
mit Wirkung zum 01.07.2016 um 4,2451 % von 855,52 € auf 891,84 €,
mit Wirkung zum 01.07.2017 um 1,9048 % von 891,84 € auf 908,83 €,
mit Wirkung zum 01.07.2018 um 1,9048 % von 908,83 € auf 938,82 €,
mit Wirkung zum 01.07.2019 um 3,1845 % von 938,82 € auf 968,72 €
erhöhen müssen.
Ihre Klageforderung setze sich wie folgt zusammen:
zukünftige um 83,33 € monatlich höhere monatliche Leistung ab Dezember 2019 (Klageantrag zu 1.)
monatliche Differenz von Juli 2015 bis Juni 2016 in Höhe von 15,35 € monatlich (Klageantrag zu 2.)
monatliche Differenz von Juli 2016 bis Juni 2017 in Höhe von 47,43 € monatlich (Klageantrag zu 3.)
monatliche Differenz von Juli 2017 bis Juni 2018 in Höhe von 55,47 € monatlich (Klageantrag zu 4.)
monatliche Differenz von Juli 2018 bis Juni 2019 in Höhe von 68,93 € monatlich (Klageantrag zu 5.)
monatliche Differenz von Juli 2019 bis November 2019 in Höhe von 83,33 € monatlich (Klageantrag zu 6.)
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei beginnend mit dem 01.12.2019 über den unstreitig mindestens zu zahlenden Betrag von 884,66 € brutto hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von 83,33 € brutto zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 184,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 15,35 € brutto seit dem 02.07.2015, dem 04.08.2015, dem 02.09.2015, dem 02.10.2015, dem 03.11.2015, dem 02.12.2015, dem 05.01.2016, dem 02.02.2016, dem 02.03.2016, dem 02.04.2016, dem 03.05.2016 sowie dem 02.06.2016 zu zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 569,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 47,43 € brutto seit dem 02.07.2016, dem 02.08.2016, dem 02.09.2016, dem 05.10.2016, dem 03.11.2016, dem 02.12.2016, dem 03.01.2017, dem 02.02.2017, dem 02.03.2017, dem 04.04.2017, dem 03.05.2017 sowie dem 02.06.2017 zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 665,64 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 55,47 € brutto seit dem 04.07.2017, dem 02.08.2017, dem 02.09.2017, dem 03.10.2017, dem 03.11.2017, dem 02.12.2017, dem 03.01.2018, dem 02.02.2018, dem 02.03.2018, dem 04.04.2018, dem 03.05.2018 sowie dem 02.06.2018 zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 827,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,93 € brutto seit dem 03.07.2018, dem 02.08.2018, dem 04.09.2018, dem 02.10.2018, dem 03.11.2018, dem 04.12.2018, dem 03.01.2019, dem 02.02.2019, dem 02.03.2019, dem 02.04.2019, dem 03.05.2019 sowie dem 04.06.2019 zu zahlen,
6. die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 416,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 83,33 € brutto seit dem 02.07.2019, dem 02.08.2019, dem 03.09.2019, dem 02.10.2019 sowie dem 05.11.2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Gesamtversorgung sei aufgrund der Regelungen in Ziff. 8 der Aufhebungsvereinbarung abgelöst worden. Dementsprechend schulde die Beklagte der Klägerin keine Gesamtversorgung mehr, sondern nur eine Anpassung des festgeschriebenen Betrags nach den Bestimmungen in § 6 Ziff. 3 AB-BVW.
Die Regelung sei hinreichend bestimmt und wirksam. Durch die Festlegung eines bestimmten Auszahlungsbetrags sei die klagende Partei nicht ungünstiger gestellt als solche Betriebsrentner, die originär nach dem BVW anspruchsberechtigt seien. § 6 AB-BVW finde auch auf die betriebliche Altersversorgung der Klägerin Anwendung, da sich die Anpassung ihrer Rente gemäß § 8 des Aufhebungsvertrages nach den Regelungen der BVW richte. Eine Anpassung nach § 6 Ziff. 1 AB-BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar gewesen. Im Übrigen seien ihre Entscheidungen zur Rentenanpassung in den Jahren 2015 und 2016 von § 6 Ziff. 3 AB-BVW gedeckt.
Die Beschlüsse seien von Vorstand und Aufsichtsrat in den Jahren 2015 und 2016 in der Weise getroffen worden, wie sie in den vorgelegten Protokollen niedergelegt worden seien. Gesamtbetriebsrat und örtliche Betriebsräte seien zuvor angehört worden.
Die Beschlüsse entsprächen angesichts der allgemeinen Rahmenbedingungen am Markt sowie dem Erfordernis, dass der H-Konzern sich zukunftsfähig neu aufstellen müsse, billigem Ermessen. Es bestehe eine schwache Konjunktur am Versicherungsmarkt. Infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise werde es für Versicherer, insbesondere Lebensversicherer immer schwieriger, das Geld ihrer Kunden lukrativ anzulegen. Hinzu trete die demographische Entwicklung der Gesellschaft mit einer steigenden Lebenserwartung, die für Lebensversicherer zu erhöhten Marktrisiken führe. Es sei auch ein zunehmender regulatorischer Druck durch neue gesetzliche Regelungen entstanden. Die Beklagte müsse sich demgemäß zukunftsfähig neu ausrichten. Dies erfolge mit dem sog. SSY-Konzept, welches eine organisatorische Verschlankung der internen Strukturen beinhalte. Die Effektivität und Effizienz solle deutlich erhöht werden. In finanzieller Hinsicht sei konzernweit eine Einsparung in Höhe von 160 bis 190 Millionen € pro Jahr vorgesehen. Es bestehe ein unbefristeter bundesweiter Einstellungsstopp. Bis ins Jahr 2018 solle ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen erfolgen. Weiter sei eine Schließung von Standorten vorgesehen. Für Sach-, Reise-, Bewirtungs- und Fortbildungskosten seien Budget-Kürzungen vorgenommen worden. Bezüglich der betrieblichen Altersversorgung leiste die Führungsebene einen Beitrag zur Altersversorgung, indem das Budget für Leistungszusagen für Neueintritte auf Vorstandsebene und der Ebene der leitenden Angestellten auf Konzernebene um die Hälfte gekürzt worden sei.
Unabhängig davon sei das System der Gesamtversorgung durch die Regelungen des Aufhebungsvertrags durchbrochen, so dass allenfalls die Anpassung der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Betriebsrente entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rente verlangt werden könne, nicht aber eine Anpassung der gesamten Versorgungsbezüge. Die Klägerin sei durch die Vereinbarung nicht etwa schlechter gestellt worden. Während eigentlich für vorzeitig ausgeschiedene Arbeitnehmer nach der m/ntel-Berechnung für die Ermittlung der unverfallbaren Ansprüche die anzurechnenden Renten (gesetzliche Rente und VK-Altersrente) auf das 65. Lebensjahr hochzurechnen wären, habe man den Kläger und andere vergleichbare Arbeitnehmer bei der Frühpensionierung insoweit begünstigt, als man die anzurechnenden Renten im Näherungsverfahren bis zur Vollendung des frühestmöglichen Renteneintritts - im Regelfall das 63. Lebensjahr - ermittelt habe. Hierdurch falle die Vofue-Rente naturgemäß höher aus. Die vereinbarte Rente entspreche dementsprechend nicht der Anfangsrente, die sich unter Zugrundelegung der BVW ergeben hätte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 09.01.2020 teilweise stattgegeben und die Erhöhungsbeträge aus der begehrten Anpassung der Pensionsergänzung zugesprochen. Hinsichtlich einer Anpassung der Gesamtversorgung hat es die Klage abgewiesen. Insoweit hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erhöhung ihrer Gesamtversorgung. Mit dem Abschluss des Frühpensionierungsvertrages hätten die Vertragsparteien ausdrücklich bestimmt, dass der Klägerin keine Gesamtversorgung mehr zustehen solle, damit sei auch kein Raum für einen Anspruch aus betrieblicher Übung. Ansprüche, die sich ergeben könnten, wenn es sich bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung handelte und § 9 Satz 1 Frühpensionierungsvertrag deshalb wegen Verstoßes gegen das betriebsverfassungsrechtliche Günstigkeitsprinzip unwirksam wäre, bestünden nicht. Bei den BVW handele es sich um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekanntgegeben wurde. Dafür spreche die Regelung in § 4 Ziffer 3 der Grundbestimmungen BVW (BAG v. 25.09.2018 - 3 AZR 333/17 - NZA 2019, 410). Die Parteien hätten mit der Frühpensionierungsvereinbarung eine vertragliche Abrede durch eine andere ersetzt. Das Günstigkeitsprinzip finde in dieser Konstellation keine Anwendung.
Wegen der weiteren Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, welches der Beklagten am 14.01.2020 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 10.02.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.04.2020 mit am 20.04.2020 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte trägt vor, sie habe ihr Ermessen bei den Anpassungen zum 01.07.2015 und 01.07.2016 ordnungsgemäß ausgeübt. Soweit das Bundesarbeitsgericht in Parallelverfahren die Auffassung vertreten habe, sie sei bei der Anpassungsentscheidung nach § 6 Ziff. 3 AB-BVW lediglich berechtigt, die Gesamtversorgungsbezüge gleichmäßig zu verändern, nicht jedoch eine einzelne im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Leistung des Arbeitnehmers anzuheben, vermöge dies nicht zu überzeugen. § 6 Ziff. 3 AB - BVW sei weit gefasst und enthalte keine dahingehende Einschränkung. Zudem stellten die staatliche Rente und die Rente der Versorgungskasse nur Rechnungsposten bei der Ermittlung der Höhe der Vofue-Rente dar. Für die Gesamtversorgung gebe es nämlich keinen einzelnen Schuldner. Auch würden alle Betriebsrentner nach wie vor gleichbehandelt, nämlich nach den gleichen Voraussetzungen und der gleichen Formel. Auch sei die Annahme des Bundesarbeitsgerichts unzutreffend, dass die Beklagte eine einheitliche Entscheidung zur Anpassung getroffen habe, die nicht in einzelne Teile zerlegt werden könne. Aus dem Beschluss des Jahres 2015 ergebe sich, dass grundsätzlich eine Anpassung der Gesamtversorgung um 0,5% beschlossen worden sei. Gleiches gelte für das Jahr 2016, wo aber als Zusatz das aufgenommen worden sei, was auch schon 2015 durchgeführt, aber nicht wörtlich im Beschluss verankert worden sei, nämlich in den Fällen, in denen die Erhöhung der Gesamtversorgung zu einer rechnerisch niedrigeren oder unveränderten Pensionsergänzungszahlung führe, die bisher gezahlte Pensionsergänzung um 0,5% zu erhöhen sei. Würde man dies für unzulässig erachten, so verbliebe gleichwohl die beschlossene Anpassung der Gesamtversorgung um 0,5% als hiervon trennbare, sinnvolle und umsetzbare Regelung bestehen.
Selbst wenn die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts bezogen auf die Anpassungen nach § 6 AB-BVW zutreffend seien, würde vorliegend anderes gelten. Da sich die Anpassungsverpflichtung aufgrund der Regelung im Frühpensionierungsvertrag nur auf die dort vereinbarte Rente und nicht auf die Gesamtversorgung bezöge, ließen sich die darauf bezogenen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zur Unbilligkeit der Anpassungsentscheidung nicht übertragen.
Zudem habe die Klägerin ihr Klagerecht bezüglich einer Korrektur der Anpassungsentscheidungen in den Jahre 2015 und 2016 verwirkt. Die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts in dessen Urteil vom 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18 - seien auf den Streitfall, in welchem ebenfalls eine Entscheidung der Beklagten über die Anpassung nach billigem Ermessen zu treffen gewesen sei, zu übertragen. Die vorliegend anzuwendenden Vorschriften seien der Bestimmung des § 16 BetrAVG bezüglich einer Anpassungsprüfung vergleichbar. Hinsichtlich der Anpassungsprüfung zum 01.07.2015 habe eine außergerichtliche Geltendmachung bis zum Ablauf des 30.06.2016 und eine gerichtliche Geltendmachung bis zum Ablauf des 30.06.2017 erfolgen müssen, sofern sich die Beklagte nicht zur Anpassung erklärt hätte, habe die Klage bis zum 30.06.2018 erhoben werden müssen. Für die Anpassungsprüfung zum 01.07.2016 verschöben sich die genannten Stichtage um jeweils ein Jahr nach hinten. Hier läge eine Verwirkung der Ansprüche bezüglich der jeweiligen Anpassungsentscheidung vor.
Verzugszinsen würden erst nach Rechtskraft eines Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 09. Januar 2020, Az. 1 Ca 1466/18, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvorbringens.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und der Terminsprotokolle Bezug genommen.
I. Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO i.Vm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.
II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht teilweise stattgegeben.
1. Die Klage ist insgesamt zulässig.
Der Klageantrag hinsichtlich der künftigen Leistung bezeichnet eine Spitzenbetragsklage, gerichtet auf Zahlung des Spitzenbetrages von monatlich 29,19 € brutto, dessen Zahlung allein insoweit ist, über den zur Abgrenzung genannten Betrag der Gesamtversorgung - diese bestehend aus der Pensionsergänzung (Vofue-Rente) und der Versorgungskassenrente - von insgesamt 884,66 € hinaus, jeweils zum Stand ab dem 01. 12.2019. Dieser Antrag ist zulässig.
Die Voraussetzungen des § 258 ZPO sind, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, erfüllt. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäߠ§ 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 281/18 - NZA 2020, 248, 249; BAG 25. September 2018 - 3 AZR 333/17 - NZA 2019, 410, 412).
2. Die Klage ist, soweit das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hat, begründet.
a) Die Klägerin hat aus der Frühpensionierungs- (bzw. Aufhebungs-) Vereinbarung in Verbindung mit § 6 Ziff. 1 AB-BVW Anspruch auf Anpassung der Pensionsergänzung (Vofue-Rente) zum 01.07.2015 um 2,0972%, zum 01.07.2016 um 4,2451% zum 01.07.2017 um 1,9048 %, 01.07.2018 um 3,2227% und zum 01.07.2019 um 3,1845 % sowie die entsprechend erhöhte - ab dem 01.12.2019 künftige - Zahlung.
aa) Die Auslegung der Aufhebungsvereinbarung ergibt, dass die Betriebsrente der Klägerin und nicht die Gesamtversorgung anzupassen ist.
aaa) Ziffer 8 der Frühpensionierungsvereinbarung ist nach den Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB auszulegen.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Klausel ist für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert worden. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass zahlreiche vergleichbare Vereinbarungen getroffen wurden, bei denen jeweils in einer bestimmten Weise Berechnungen der vereinbarten Betriebsrente getroffen worden seien. Darüber hinaus sind der Kammer aus Parallelverfahren identische Klauseln in Aufhebungs- bzw. Frühpensionierungsverträgen bekannt.
bbb) Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragszweck aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 25. September 2019 - 3 AZR 333/17 - Rn. 32; BAG 19. Juli 2016 - 3 AZR 141/15 - Rn. 16). Ergänzend gilt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Bei Unklarheiten muss der Verwender die für ihn ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen.
ccc) Die danach erfolgende Auslegung ergibt, dass die Parteien mit der Regelung in Nr. 8 der Frühpensionierungsvereinbarung die nach den BVW grundsätzlich vorgesehene Gesamtversorgung abbedungen haben (ebenso in einem Parallelverfahren mit identischer Klausel: BAG 19. November 2019 - 3 AZR 129/18 - Rn. 33 ff.).
Schon der Wortlaut der Regelung in Nr. 8 Satz 1 der Frühpensionierungsvereinbarung spricht für eine Abbedingung der Gesamtversorgung, wie es die BVW vorsehen. Die demnach vereinbarte Rente wird gerade unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse gewährt. "Unabhängig" bedeutet, "für sich bestehend" oder "von etwas losgelöst", "nicht von etwas beeinflusst, durch etwas bestimmt" (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort "unabhängig"; Duden Das Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort "unabhängig"). Wäre die nach Nr. 8 Aufhebungsvereinbarung zu gewährende Rente Teil der Gesamtversorgung nach dem BVW, dann würde sie aber nicht "für sich bestehen"; vielmehr würde ihre Höhe gerade von der Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Rente der Versorgungskasse bestimmt (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 22).
Auch der Regelungszusammenhang spricht für eine Abbedingung der Gesamtversorgung nach den BVW. Eine Bezifferung der Höhe der Pensionsergänzung, wie sie in Nr. 8 Satz 1 der Frühpensionierungsvereinbarung vorgenommen worden ist, passt nicht in die Systematik der Gesamtversorgung der BVW. Mit einer Gesamtversorgung soll ein bestimmtes Versorgungsniveau erreicht und abgesichert werden. In diesem Zusammenhang ist gerade die Pensionsergänzung nach den Bestimmungen des BVW ihrem Wesen nach dynamisch. Ihre Höhe ist abhängig von der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungskasse (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 23).
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch der Umstand, dass die Parteien in Nr. 8 Satz 2 der Frühpensionierungsvereinbarung bestimmt haben, die Anpassung dieser Rente solle nach den Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes erfolgen. Ein solcher Hinweis wäre nicht erforderlich gewesen, wenn sich die Rente ohnehin nach den Bestimmungen der BVW zu richten hätte. Gerade weil die Parteien aber die Regelungen der BVW abbedungen haben, war eine Regelung hinsichtlich der Anpassung der zu gewährenden Rente erforderlich. Zudem verweist diese Regelung auch nur hinsichtlich der Anpassung der Rente auf die Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes. Eine weiter gehende, grundsätzliche Verweisung auf die Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes bzw. die betrieblichen Bestimmungen erfolgt gerade nicht (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 24).
Die Parteien haben nicht lediglich deklaratorisch auf die Regelungen der BVW verwiesen, so dass sie durch die betragsmäßige Festschreibung der Pensionsergänzung lediglich einen Startbaustein als Teil der Gesamtversorgung festlegen wollten (so etwa LAG Köln 8. September 2017 - 10 Sa 35/17 - Rn. 91). Die Unabhängigkeit der Rente nach Nr. 8 der Frühpensionierungsvereinbarung von der Höhe sonstiger Versorgungsleistungen ist zeitlich nicht beschränkt (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 25). Gegen diese Auffassung spricht zudem, dass die Berechnung im Regelfall nicht dem Wert entsprach, der sich bei einer m/ntel-Berechnung gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG a.F. ergeben hätte, weil nämlich nicht die auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete gesetzliche Rente bzw. VK-Altersrente, sondern die geringeren Renten ab dem 63. Lebensjahr angerechnet wurden. Diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie nicht behauptet, dass - und gegebenenfalls wie - die Berechnung anderweitig erfolgt sei.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Anpassung in Nr. 8 Satz 2 der Frühpensionierungsvereinbarung auf die betrieblichen Bestimmungen verwiesen wird. Diese Verweisung widerspricht nicht der Unabhängigkeit der zu gewährenden Pensionsergänzung von sonstigen Versorgungsleistungen. Zum einen heißt es in Satz 2 ausdrücklich, dass diese Rente, also die nach Satz 1 zu gewährende Rente, nach den betrieblichen Bestimmungen anzupassen ist. Zum anderen hätte es keiner Regelung bedurft, wenn sich diese Rente ohnehin nach den Bestimmungen der BVW richten würde. Hätten die Parteien zugunsten der Klägerin eine höhere Gesamtversorgung vereinbaren wollen, so hätten sie die Höhe des Versorgungsniveaus festlegen müssen und nicht die eines einzelnen Bausteins der Gesamtversorgung (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 26; BAG 19. November 2019 - 3 AZR 614/17 - Rn. 29).
Die Unklarheitenregel nach § 305c Abs. 2 BGB bewirkt nichts anderes. Eine Unklarheit in diesem Sinne besteht nur, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt. Dies setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Unklarheitenregel nicht. Derartige erhebliche Zweifel bestehen vorliegend nicht (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 27).
bb) Die Anpassung der Pensionsergänzung der Klägerin nach Nr. 8 Satz 1 der Frühpensionierungsvereinbarung richtet sich aufgrund der vertraglichen Vereinbarung nach § 6 AB-BVW; ihre Pensionsergänzung ist so anzupassen wie die Gesamtversorgung der direkt unter § 6 AB-BVW fallenden Versorgungsempfänger. Auch dies ergibt die Auslegung von Nr. 8 Satz 2 der Frühpensionierungsvereinbarung (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 614/17 - Rn. 31; vgl. bereits BAG 25. September 2018 - 3 AZR 485/17 - Rn. 15).
Der Wortlaut von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung bezieht sich bereits ausdrücklich auf die Bestimmungen des BVW. Die nach Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung zu gewährende Pensionsergänzung wird nach den Bestimmungen des BVW angepasst. Dementsprechend wird, wenn die betrieblichen Versorgungsansprüche gemäß den Bestimmungen des BVW an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepasst werden, diese Rente der Klägerin entsprechend verändert. Die Regelung stellt bereits vom Wortlaut her sicher, dass die nach dem BVW getroffene Anpassungsentscheidung auch für die Pensionsergänzung der Klägerin gilt (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 29).
Auch der Regelungszusammenhang spricht für dieses Auslegungsergebnis. Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung zeigt, dass Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung für die Anpassung der Pensionsergänzung der Klägerin auf die Bestimmungen des BVW verweist. Der Klägerin war ursprünglich eine Gesamtversorgungszusage mit Gesamtrentenfortschreibung nach dem BVW zugesagt. Mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung haben die Vertragsparteien in Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung vereinbart, dass die Klägerin unabhängig von einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Versorgungskassenrente eine in ihrer Ausgangshöhe festgelegte Pensionsergänzung erhält. Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung sieht einen eigenständigen Anpassungsmechanismus für die Erhöhung der Pensionsergänzung allerdings nicht vor, sondern verweist auf die sonst maßgebenden Versorgungsregelungen. Daraus folgt, dass es für die Anpassung der Pensionsergänzung bei der Anwendung der bisherigen Anpassungsregelungen im BVW bleiben soll. Die Ansprüche der Klägerin auf Anpassung ihrer Pensionsergänzung sollen sich mithin nach denselben Regeln richten wie die Anpassung bei den dem BVW unterfallenden Betriebsrentnern. Der dort maßgebliche, die Gesamtversorgung betreffende Steigerungssatz soll auch für die Anpassung der Pensionsergänzung der Klägerin gelten (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 30).
Auch Sinn und Zweck von Nr. 8 Satz 2 Aufhebungsvereinbarung tragen dieses Verständnis. Die Klägerin sollte hinsichtlich der Entwicklung ihrer nach Nr. 8 Satz 1 Aufhebungsvereinbarung vereinbarten Pensionsergänzung so behandelt werden, wie die Versorgungsempfänger, die Versorgungsleistungen nach dem BVW erhalten; dies erfolgt, indem die Pensionsergänzung der Klägerin um denselben Steigerungssatz erhöht wird wie die Gesamtversorgung nach dem BVW. Nur so wird eine entsprechende Behandlung sichergestellt (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 31).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Unwirksamkeit ihrer Anpassungsentscheidung nach § 6 Ziff. 3 AB-BVW der Klägerin zugute. Nr. 8 Satz 2 der Frühpensionierungsvereinbarung verweist auf den Anpassungsmechanismus in § 6 AB-BVW insgesamt. Liegen die Voraussetzungen einer Abweichung in dem dortigen originären Anwendungsbereich nicht vor, so führt dies zwingend zur Unwirksamkeit der Anpassungsentscheidung auch für die Klägerin. Sie ist hinsichtlich der Anpassung exakt so zu behandeln wie die Betriebsrentner, deren Versorgung sich insgesamt nach den BVW richtet (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 32). Eine gesonderte Anpassungsentscheidung für Betriebsrentner, die gemäß einem Aufhebungsvertrag bzw. einer Frühpensionierungsvereinbarung ausgeschieden sind, sollte es nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht geben (und hat es folgerichtig weder 2015 noch 2016 gegeben).
cc) Die Klägerin hat danach Anspruch darauf, dass ihre Pensionsergänzung zu den Stichtagen, bezüglich derer sie Ansprüche verfolgt, entsprechend dem für die Gesamtversorgung geltenden Steigerungssatz nach § 6 Ziff. 1 AB-BVW und damit nach der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst wird. Soweit die Beklagte eine geringere Anpassung vorgenommen hat, lagen dem in den Jahren 2015 und 2916 jeweils unwirksame Beschlüsse zugrunde, da es hierfür an einer rechtlichen Grundlage fehlte (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 34 unter Verweis auf BAG 25. September 2018 - 3 AZR 485/17 - und - 3 AZR 333/17 -; vgl. auch BAG 11. April 2019 - 3 AZR 92/18).
Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem BVW um eine Betriebsvereinbarung oder um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekannt gegeben wurde. Danach erlaubt AB § 6 Ziff. 3 BVW der Beklagten lediglich, die Gesamtversorgungsbezüge der Versorgungsberechtigten nach einem - im Vergleich zur Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung geringeren - einheitlichen Prozentsatz zu verändern (BAG 25. September 2018 - 3 AZR 333/17 - Rn. 18). Es kann deshalb offenbleiben, ob die Anpassungsentscheidungen der Beklagten auch deshalb unwirksam sind, weil die inhaltlichen Voraussetzungen nach AB § 6 Ziff. 3 BVW für eine Abweichung von AB § 6 Ziff. 1 BVW nicht vorlagen oder die Entscheidung wegen Verstoßes gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam ist (BAG 19. November 2019 - 3 AZR 316/18 - Rn. 35).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Anpassungsentscheidung auch nicht insoweit aufrecht erhalten bleiben, wie eine Erhöhung der Gesamtversorgung um 0,5% beschlossen worden ist. Es handelt sich jeweils um einheitliche Ermessensentscheidungen der Organe der Beklagten (vgl. BAG v. 25. September 2018 - 3 AZR 333/17 - Rn. 37). Die von der Beklagten getroffenen Anpassungsentscheidungen sind nicht teilbar, und zwar unabhängig davon, ob die Mindestanpassung der Vofue-Rente lediglich stillschweigend mitbeschlossen worden ist - wie 2015 - oder als eigener Punkt in die Beschlussfassung aufgenommen wurde, wie dies 2016 der Fall war. Die Anpassung lediglich der Gesamtversorgung um 0,5% war nicht Gegenstand der Beschlussfassung. Es kann auch nicht unterstellt werden, dass eine dahingehend beschränkte Anpassung sozusagen als Minus in der weitergehenden Beschlussfassung mit enthalten war. Dies würde vielfach dazu führen, dass im Ergebnis keinerlei Anhebung vorzunehmen wäre. Dass dies dem Willen der Organe der Beklagten entsprochen haben soll, lässt sich nicht feststellen (LAG Düsseldorf 08. Mai 2020 - 6 Sa 556/19).
Dies gilt auch für die Anpassung der in Aufhebungsverträgen/Frühpensionierungsvereinbarungen festgelegten Betriebsrenten. Eine sich nur auf diese beziehende Ermessensentscheidung ist von der Beklagten weder 2015 noch 2016 getroffen worden. Hierfür hätte es ohnehin an einer Rechtsgrundlage gefehlt.
dd) Dementsprechend hätte die Pensionsergänzung der Klägerin zum 01.07.2015 um 2,0972%, zum 01.07.2016 um 4,2451% zum 01.07.2017 um 1,9048 %, zum 01.07.2018 um 3,2227% und zum 01.07.2019 um 3,1845 % erhöht werden müssen.
Die vorgenannten Sätze entsprechen im Übrigen der Erhöhung der gesetzlichen Renten in den vorgenannten Jahren. Da § 6 Ziff. 1 und 2 AB-BVW an die Entwicklung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, sind deren Berechnungsregeln maßgeblich. Gemäß § 121 Abs. 1 SGB VI werden Berechnungen auf vier Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung ist für die Erhöhung der gesetzlichen Rente nicht erfolgt. Die mit dem Rentenerhöhungsfaktor mit vier Dezimalstellen errechneten Geldbeträge werden dann wieder auf zwei Dezimalstellen gerundet, § 123 Abs. 1 SGB VI.
ee) Es ergibt sich für den Anspruchszeitraum die folgende Berechnung:
Stichtag
Basis
Prozent
Steigerung
Summe Basis plus Steigerung
gezahlt
Differenz Summe minus gezahlt
Differenz gerundet
Summe Differenz für Zeitraum
01.07.2015
444,36 €
2,0972
9,32 €
453,68 €
446,58 €
7,099 €
7,10 €
85,20 €
01.07.2016
453,68 €
4,2451
19,26 €
472,94 €
448,81 €
24,128 €
24,13 €
289,56 €
01.07.2017
472,94 €
1,9048
9,01 €
481,95 €
457,36 €
24,587 €
24,59 €
295,08 €
01.07.2018
481,95 €
3,2227
15,53 €
497,48 €
472,10 €
25,378 €
25,38 €
304,56 €
01.07.2019
497,48 €
3,1845
15,84 €
513,32 €
487,13 €
26,191 €
26,19 €
130,95 €
Der Basisbetrag bezeichnet jeweils den Ausgangswert aus dem Juni vor dem Stichtag. Die letzte Spalte weist jeweils das Produkt aus der monatlichen Differenz und den zwölf Monaten des Anspruchszeitraum ab dem jeweiligen 01.07. des Jahres, in welchem der in der ersten Spalte genannte Stichtag liegt, und dem 30.06. des Folgejahres aus, also den für diesen Zeitraum kumulierten Differenzbetrag. Lediglich der mit dem Stichtag 01.07.2019 beginnende Anspruchszeitraum umfasst nur die fünf Monate bis einschließlich November 2019. Der unmittelbar anschließende Zeitraum, beginnend mit dem Dezember 2019, wird durch die mit dem erstinstanzlichen Tenor zu 1. ausgeurteilte, künftige monatliche Leistung von 26,19 € brutto abgedeckt.
Soweit das erstinstanzliche Urteil im Tenor zu Ziffer 5. in Zeile zwei den Betrag von 309,96 € statt des zutreffenden Betrages von 304,56 € und in Zeile drei den Betrag von 25,83 € statt des zutreffenden Betrages von 25,38 € enthält, führt dies von Amts wegen zu der dem Tenor des Berufungsurteils zu entnehmenden Berichtigung des erstinstanzlichen Tenors gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 319 Abs. 1 ZPO. Eine offensichtliche Unrichtigkeit des mit einem Rechtsmittel angegriffenen Urteils kann auch durch das Rechtsmittelgericht nach § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen berichtigt werden (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 7/02 - NZA 2004, 223, 227 zu B. III. der Gründe; BGH 03. April 2996 - VIII ZR 54/95 - NJW 1996, 2100; OLG Frankfurt a.M. 14. Januar 2019 - 29 U 69/17). Es handelt sich um einen offensichtlichen Zahlendreher bei der Angabe der Eurocent innerhalb des monatlichen Differenzbetrages, fälschlich wurden 83 statt 38 Eurocent angegeben, wie auch aus Seite 7 Mitte der Berufungserwiderung ersichtlich ist. Die Parteien wurden zu der Berichtigung in der Berufungsverhandlung angehört.
b) Die Klägerin verfolgt ihren erstinstanzlich abgewiesenen Anspruch auf Anpassung der vollen Gesamtversorgung nicht weiter.
c) Die Klägerin hat für die Anpassungsentscheidungen zum 01. Juli 2015 und 01. Juli 2916 weder eine Rügeobliegenheit bezüglich der Anpassungen nicht erfüllt noch ihr Klagerecht verwirkt. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten findet die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anpassungsprüfung des § 16 BetrAVG im Streitfall nicht, auch nicht in ihrer Ausprägung für die durch den Essener Verband vorzunehmenden Anpassungsprüfung (vgl. zur Anpassungsprüfung bei dem Essener Verband BAG 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18), entsprechend Anwendung.
aa) Die Grundsätze zur Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG und der gleichgelagerten Prüfung der Satzung des Essener Verbandes wurden für den Fall einer originären Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung einerseits des Interesses des Versorgungsempfängers an dem Ausgleich des Kaufkraftverlustes seiner Versorgung und andererseits des Interesses des Versorgungsschuldners, nicht über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus Anpassungslasten tragen zu müssen, aufgestellt.
§ 16 BetrAVG enthält ein in sich geschlossenes System aufeinander abgestimmter Stichtage und Fristen, mit denen der Gesetzgeber selbst die Interessen des Versorgungsberechtigten am Werterhalt seiner Betriebsrente und des Arbeitgebers an Planungs- und Rechtssicherheit gegeneinander abgewogen hat. Nach seinem Schutzzweck will § 16 BetrAVG nicht nur eine Entwertung der Betriebsrente durch Kaufkraftverluste möglichst verhindern. Die Bestimmung will auch die Gesamtbelastung aus bereits bestehenden Versorgungsverpflichtungen berechenbar gestalten und eine zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zum Anpassungsstichtag ermöglichen (BAG 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - [zu II 1 b aa] - AP BetrAVG § 16 Nr. 35). Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber am jeweils aktuellen Anpassungsstichtag weiß, ob und in welchen Fällen eine vorangegangene Anpassungsentscheidung gerügt wurde (BAG 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18 - AP BetrAVG § 16 Nr. 125 Rn. 34 m.w.Nachw).
Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet, dass er in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen hat. Dies führt dazu, dass mit jedem neuen Anpassungsstichtag ein neuer Anspruch auf Anpassungsprüfung und -entscheidung entsteht (BAG 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18 - AP BetrAVG § 16 Nr. 125 Rn. 35). Diese Verpflichtung wird nur durch § 16 Abs. 4 BetrAVG beschränkt.
Daher hat der Arbeitgeber zu jedem neuen Anpassungsstichtag zu prüfen, ob seine aktuelle wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrenten der Versorgungsempfänger zulässt. Dieser Verpflichtung kann er nur nachkommen, wenn er über eine hinreichend gesicherte Prognosegrundlage verfügt. Eine gesetzliche Regelung, die den Arbeitgeber zur Anpassungsprüfung und -entscheidung zu bestimmten Anpassungsstichtagen unter Berücksichtigung der Belange der Versorgungsempfänger und seiner wirtschaftlichen Lage verpflichtet, muss auch sicherstellen, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nachkommen und eine Entscheidung nach billigem Ermessen treffen kann. Im Hinblick auf seine wirtschaftliche Lage bedeutet dies, dass der Arbeitgeber wissen muss, ob er seine Prognose auf seine wirtschaftlichen Daten aus der Zeit vor dem aktuellen Anpassungsstichtag stützen kann oder ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er dieses Zahlenwerk um (zusätzliche) Anpassungslasten korrigieren muss, die sich aus einer Anpassungspflicht zu einem vorangegangenen Anpassungsstichtag ergeben. Er muss, um seine wirtschaftliche Lage zuverlässig beurteilen zu können, demnach am jeweils aktuellen Anpassungsstichtag Kenntnis darüber haben, ob und in welchen Fällen eine vorangegangene Anpassungsentscheidung gerügt wurde (BAG 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18 - AP BetrAVG § 16 Nr. 125 Rn. 36).
bb) Die Anpassungsregel des § 6 AB-BVW weicht von der durch § 16 BetrAVG vorgegebenen Struktur der Anpassungsentscheidung grundlegend ab. Die vertragliche Anpassung nach § 6 AB-BVW einerseits und die gesetzliche Pflicht zur Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG andererseits sind strikt voneinander zu trennen. Die vertragliche Anpassung folgt allein den Regelungen von § 6 AB-BVW (BAG 03. Juni 2020 - 3 AZR 441/19 - Rn. 21).
Bereits den Ausgangspunkt bildet nicht wie bei der Prüfung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG eine Prüfung und Entscheidung nach billigem Ermessen, vielmehr hat der Arbeitgeber gemäß § 6 Ziff. 1 und 2 AB-BVW die Versorgungsbezüge jeweils entsprechend der Entwicklung der Renten gesetzlichen Rentenversicherung zum gleichen Zeitpunkt, wie diese erfolgt, anzupassen. Eine Ermessensprüfung ist dabei in keiner Weise vorgesehen. Vielmehr eröffnet § 6 Ziff. 3 AB-BVW dem Vorstand die Möglichkeit, für den Fall, dass er die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 für nicht vertretbar hält, nach Anhörung der Betriebsräte / des Gesamtbetriebsrats dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vorzuschlagen, was nach seiner Auffassung geschehen soll; der so ggf. ergehende Beschluss ersetzt die Anpassung nach Ziffer 1.
Zudem stellt die Vorschrift des § 6 Ziff. 3 AB-BVW mit dem Abstellen auf den Begriff der Nicht-Vertretbarkeit andere Anforderungen für eine Abweichung von der automatisch der gesetzlichen Altersrentenentwicklung folgenden Anpassung der Gesamtversorgung als dies in § 16 Abs. 1 BetrAVG für den Regelfall der Anpassungsprüfung, welche sich wie vorstehend dargelegt zu vollziehen hat, der Fall ist (so für die § 6 Ziff. 3 AB-BVW inhaltsgleiche Vorschrift des § 6 Nr. 4 TV VO 85: LAG Düsseldorf, 20. November 2918 - 12 Sa 416/19zu A. II. 1. a) aa) (4) der Gründe - rkr.). Weiter ist der Prüfungszeitraum ein anderer. Er erstreckt sich bei der Prüfung gemäß § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG auf die Zeit seit dem Eintritt des Versorgungsfalles bis zum Stichtag der Anpassungsprüfung, wogegen § 6 AB BVW im Grundsatz die jährliche Veränderung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung übernimmt (BAG 03. Juni 2020 - 3 AZR 441/19 - Rn. 23) und damit auch für die Höhe den Anpassung eine grundsätzlich andere Regelung trifft.
cc) Damit erweist sich das in § 6 Ziff. 3 AB-BVW geregelte Verfahren als Ausnahme von dem Regelfall des § 6 Ziff. 1 AB-BVW, der eine automatische, mit der Entwicklung der gesetzlichen Altersrenten vollständig gekoppelte Anpassung vorgibt.
Der Ausweitung der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirkung des Klagerechts (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 14. Mai 2019 - 3 AZR 112/18 - AP BetrAVG § 16 Nr. 125 Rn. 34 ff. m.w.Nachw.) steht bereits der Grundsatz "singularia non sunt extenda" entgegen. Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Rechtsprechung mit der Sondersituation des Arbeitgebers als des Versorgungsschuldners in der Situation einer Prognoseentscheidung bei der im Rahmen der Anpassungsprüfung stets vorzunehmenden Ermessensentscheidung. Davon ist der Regelfall bei der Anpassungsprüfung gemäß § 6 Ziff. 1 und 2 AB-BVW, wie gezeigt wurde, völlig verschieden.
Auch Weiteres spricht gegen die von der Beklagten intendierte Erstreckung der Rechtsprechung zur Rüge- und Klageobliegenheit des Versorgungsempfängers zu § 16 Abs. 1 BetrAVG auf die Anpassung gemäß § 6 AB-BVW. Bei der Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG kann und muss der Versorgungsempfänger regelmäßig davon ausgehen, dass die an jedem Stichtag vorzunehmende Anpassungsprüfung die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers beinhaltet und in diesem Rahmen die aus früheren Anpassungen in die Zukunft fortwirkenden, finanziellen Lasten relevant sind. Dies ist bei der Anpassung gemäß § 6 AB-BVW grundlegend anders. Bei ihr kann der Versorgungsempfänger davon ausgehen, dass wegen der als Regelfall in Ausmaß und Zeitpunkt gleichlaufend mit der Entwicklung der gesetzlichen Altersrenten geschuldeten Anpassung der Versorgung die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers nicht stets, sondern nur im Ausnahmefall nach Maßgabe des § 6 Ziff. 3 AB-BVW und auch dann nicht im Rahmen einer Entscheidung nach billigem Ermessen, sondern nur auf Vorschlag des Vorstands durch eine auch den Betriebsrat einbeziehende, gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat getroffene Entscheidung Bedeutung erlangen kann. Ob und wieweit der Vorstand überhaupt bei einer nachfolgenden, turnusmäßig anstehenden Anpassung gemäß § 6 AB-BVW Anlass für das Betreiben des Verfahrens des § 6 Ziff. 3 AB-BVW sehen könnte, entzieht sich regelmäßig der Kenntnis des Versorgungsempfängers. Er wird noch weniger als der Vorstand im Vorhinein dessen Lagebeurteilung und Absichten hinsichtlich künftiger Anpassungen kennen und darf daher regelmäßig davon ausgehen, dass die folgende Anpassung gemäß § 6 Ziff. 1 und 2 AB-BVW erfolgen wird, zumal dies den Regelfall darstellt. Damit hat er regelmäßig keinen Anlass zur Annahme, die bei der Anpassungsprüfung erkennbar zu berücksichtigenden Interessen des Arbeitgebers im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens würden eine Rüge oder Klage bezüglich einer früheren Anpassungsentscheidung erfordern, um eine Verwirkung zu vermeiden. Auch der anpassungsverpflichtete Arbeitgeber kann, weil ihm bewusst sein muss, dass der Versorgungsempfänger nicht erkennen kann, ob bei einer späteren Anpassungsprüfung die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des § 6 Ziffer 3 AB-BVW beabsichtigt wird, nicht davon ausgehen, der Versorgungsempfänger könne einen Anlass für eine Rüge- oder Klageobliegenheit erkennen. Die Situation im vorliegenden Streitfall zu § 6 AB-BVW unterscheidet sich damit auch insoweit grundlegend von derjenigen bei § 16 Abs. 1 BetrAVG. Für die Richtigkeit dieser Sichtweise spricht auch die durch das Bundesarbeitsgericht festgestellte Unterschiedlichkeit beider Regelungskomplexe. Es hat ausgeführt, die vertragliche Anpassung nach AB § 6 BVW einerseits und die gesetzliche Pflicht zur Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG andererseits seien strikt voneinander zu trennen. Die vertragliche Anpassung folge allein den Regelungen von AB § 6 BVW. Umgekehrt sehe § 6 AB-BVW keine Regelungen für den davon zu unterscheidenden gesetzlichen Anpassungsprüfungs- und -entscheidungsanspruch vor (BAG 03. Juni 2020 - 3 AZR 441/19 - Rn. 21; BAG 19. November 2019 - 3 AZR 281/18 - NZA 2020, 248, 252 Rn. 54 ff).
d) Die Klägerin hat gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB Anspruch auf Verzugszinsen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Für die Forderungen, die sich aus der Nichtweitergabe der Rentenerhöhungen gemäß § 6 Nr. 1 AB-BVW ergeben, besteht ein Anspruch auf Verzugszinsen. Anders als bei § 16 BetrAVG tritt die Fälligkeit nicht erst mit der Rechtskraft des Urteils ein. Es handelt sich bei der Erhöhung nach § 6 Nr. 1 AB-BVW nicht um eine Anpassung nach billigem Ermessen. Vielmehr besteht gemäß § 6 Nrn. 1 und 2 AB-BVW ein Anspruch, der mit einem Änderungs- bzw. Ersetzungsvorbehalt versehen ist. Bei einem - wie hier - nicht wirksam ausgeübten Änderungs- bzw. Ersetzungsvorbehalt werden die erhöhten Betriebsrenten mit dem in der Versorgungsordnung genannten Zeitpunkt fällig (vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 50, juris). Die monatlichen Zahlungen der Betriebsrente aus dem Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung vom 01.04.1985 werden gemäß dessen§ 7 Ziffer 1. monatlich im Voraus am Ersten eines jeden Monats fällig. Entsprechend wurde durch die Beklagte die Zahlweise bei der Rente auf der Grundlage des BVW gehandhabt. Der Verzug beginnt am auf den Monatsersten folgenden Tag bzw. unter den Voraussetzungen des § 193 BGB an dem auf den nächsten Werktag folgenden Tag.
3. Das weitere Vorbringen der Parteien, welches die Kammer bedacht hat, bedarf danach keiner Erörterung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
IV. Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
Permalink: https://openjur.de/u/2305322.html (https://oj.is/2305322)
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